ABCSG Studienerfolge
Die offene, zweiarmige, randomisierte Phase II-Studie ABCSG 52 / ATHENE untersuchte die Wirksamkeit und Sicherheit einer neoadjuvanten Immunchemotherapie bestehend aus Atezolizumab, Trastuzumab, Pertuzumab und Epirubicin bei HER2-positiven Brustkrebspatient:innen im Frühstadium im Hinblick auf eine pathologische Komplettremission (pCR).
Dieses österreichweite akademische Forschungsprojekt wurde an 9 Studienstandorten durchgeführt. Trotz der Herausforderungen durch die COVID-19-Pandemie, startete die Rekrutierung im Juli 2020 und konnte planmäßig im Dezember 2021 abgeschlossen werden.
Das primäre Ziel der Studie war das Erreichen einer pCR, wobei die Ergebnisse die Erwartungen übertrafen: Es wurde eine pCR-Rate von 60,3% erreicht, was deutlich über dem Schwellenwert von 40% liegt. Besonders hervorzuheben ist, dass Patient:innen mit PD-L1-negativen Tumoren eine pCR-Rate von 69,2% erzielten, gegenüber 55,2% bei PD-L1-positiven Tumoren.
Eine sekundäre Analyse zeigte auch eine starke Korrelation zwischen frühen metabolischen Veränderungen, gemessen durch FDG-PET-Scans, und dem pathologischen Ansprechen: Patient:innen mit einer frühen metabolischen Komplettremission (mCR) hatten eine 92,9%ige Wahrscheinlichkeit, eine pCR zu erreichen. Diese Ergebnisse unterstreichen die Bedeutung früher Analysen für die Vorhersage des Behandlungserfolgs.
Darüber hinaus beinhaltete die Studie ein translationales Forschungsprogramm, das neue Einblicke in die biologischen Mechanismen der Erkrankung und Therapie lieferte. Die beeindruckenden Ergebnisse der Studie wurden auf der ESMO Breast Cancer Conference 2023 vorgestellt und stießen in der wissenschaftlichen Gemeinschaft auf großes Interesse.
Die ABCSG 52 / ATHENE Studie zeigt, dass eine neoadjuvante Immunchemotherapie-Deeskalation bei Patient:innen mit HER2-positivem frühem Brustkrebs eine vielversprechende und sichere Therapieoption darstellt. Die Integration von FDG-PET-Scans zur Vorhersage des Therapieerfolgs sowie die gewonnenen Erkenntnisse aus dem translationalen Forschungsprogramm bieten spannende Perspektiven für zukünftige Studien und werden die Behandlungsstrategien bei Brustkrebs weiter verbessern.
Die Studie ABCSG 42 / PALLAS ist das bisher größte und ambitionierteste Forschungsprojekt der Austrian Breast and Colorectal Cancer Study Group. Diese randomisierte Phase III Studie untersucht die Wirksamkeit von Palbociclib in Kombination mit einer standardmäßigen adjuvanten endokrinen Therapie im Vergleich zur alleinigen endokrinen Therapie bei Patient:innen mit Hormonrezeptor-positivem (HR+) und HER2-negativem frühem Brustkrebs. Unter der Leitung des Coordinating Investigators ABCSG-Präsident Univ.-Prof. Dr. Michael Gnant, gemeinsam mit Prof. Angela DeMichele und Prof. Erica Mayer in den USA, wurde die Studie im September 2015 global und im Oktober 2015 national gestartet.
Die PALLAS-Studie zeichnet sich durch eine umfassende internationale Beteiligung aus, mit einer Einbringung von über 5.700 Patient:innen aus 21 Ländern. Die ABCSG übernimmt, in Zusammenarbeit mit dem Netzwerk der Breast International Group (BIG), die Rolle des gesetzlichen Sponsors für alle 20 teilnehmenden Länder abseits der USA. Diese bemerkenswerte internationale Kooperation ist ein eindrucksvoller Beweis für die Bereitschaft und Fähigkeit der ABCSG, akademische und industrielle Partner für ein gemeinsames Forschungsziel zu mobilisieren und ein Projekt dieser Größenordnung erfolgreich zu koordinieren und durchzuführen.
Im Jahr 2018 erreichte die Studie die vollständige Rekrutierung. Eine wichtige, für das Jahr 2020 geplante Interimsanalyse, zeigte jedoch, dass die Zugabe von Palbociclib zur endokrinen Standardtherapie den Patient:innen nicht den erwarteten Mehrwert brachte. Dieses in The Lancet Oncology (Mayer E et al., 2021, DOI: https://doi.org/10.1016/S1470-2045(20)30642-2) veröffentlichte Ergebnis führte zu einer Empfehlung des unabhängigen Datenmonitoringkomitees (IDMC), die Behandlungsphase vorzeitig zu beenden. Daraufhin wurde im Juni 2020 entschieden, alle aktiven Patient:innen in die Nachbeobachtungsphase zu überführen, die bis 2028 andauern wird.
Die Nachbeobachtungsphase der PALLAS-Studie ist für die internationale Brustkrebsforschung von großer Bedeutung, da sie eine langfristige Überwachung der Sicherheit der Patient:innen gewährleistet und die Sammlung wertvoller Daten und biologischer Proben für zukünftige Forschungsziele sicherstellt.
Das TransPALLAS-Programm, das auf den Daten der PALLAS-Studie aufbaut, wurde entwickelt, um künftige Fragen zur Behandlung und zum Verständnis von Brustkrebs im Frühstadium zu beantworten. Es umfasst eine Vielzahl explorativer klinischer und translationaler Forschungsvorhaben, die durch eine internationale Ausschreibung initiiert wurden und in enger Zusammenarbeit mit Sponsoren neue Perspektiven und Möglichkeiten für die moderne Brustkrebstherapie eröffnen werden. TransPALLAS sieht unter anderem die Sammlung zusätzlicher Blutproben sieben bzw. zehn Jahre nach der Randomisierung vor, um langfristige Erkenntnisse zu gewinnen. Die erste Auswertung der RNA-Sequenzierungsdaten wurde 2023 präsentiert und stellt eine wertvolle Quelle für weitere wissenschaftliche Projekte dar.
PALLAS ist ein Beweis für die wissenschaftliche Kompetenz der ABCSG, aber auch für ihre organisatorische Fähigkeit, ein derart umfangreiches Projekt zu leiten. Mit ihrem Engagement und ihrer Expertise ist es der ABCSG gelungen, einen wichtigen Beitrag zur weltweiten Brustkrebsforschung zu leisten und ihre Position als führende wissenschaftliche Organisation auf diesem Gebiet zu festigen. Die Studie lieferte nicht nur wichtige klinische Erkenntnisse, die mehrfach in den renommiertesten Fachzeitschriften publiziert und auf allen wichtigen internationalen Krebskongressen präsentiert wurden, sondern legte auch den Grundstein für zukünftige Forschungsvorhaben und internationale Kollaborationen.
2006 startete die größte ABCSG-Studie mit 49 Zentren in Österreich und 5 in Schweden. Insgesamt 3.425 Patientinnen nahmen daran teil, im August 2013 wurde die letzte Patientin in die Studie eingeschlossen. Untersucht wurde bei Mammakarzinompatientinnen unter Aromatase-Inhibitor-Therapie, ob der Antikörper Denosumab das therapieinduzierte Osteoporoserisiko reduziert. Am 26. März 2014 wurde der erste Meilenstein PADCD (Primary Analysis Data Cut-Off Date) mit 247 klinischen Frakturen erreicht – die Ergebnisse liegen mittlerweile vor und sind überraschend eindeutig. Das therapieinduzierte Osteoporoserisiko kann um 50% reduziert werden! Ohne zusätzliche Toxizität halbiert die Gabe von 60 mg Denosumab zweimal pro Jahr subkutan klinische Frakturen, außerdem erhöhte sich die Knochendichte in der Wirbelsäule um 10 Prozent, in der Hüfte um rund 8 Prozent und im Oberschenkelhals um 6 Prozent. Diese lang erwarteten Daten wurden 2015 beim Annual Meeting der American Society of Clinical Oncolocgy (ASCO, 29.5.-2.6.) in Chicago präsentiert und in dem renommierten Journal „The Lancet“ publiziert.
Drei Jahre später, 2018, lagen auch die Ergebnisse zum krankheitsfreien Überleben vor, einem sekundären Studienziel. Nach durchschnittlich 72,6 Monaten Nachbeobachtung sind auch diese Ergebnisse statistisch signifikant und das Rückfallrisiko wird durch die Gabe von Denosumab um ca. 18% verringert. Von den Patientinnen, die zusätzlich Denosumab erhielten, waren nach fünf Jahren 89,2% (versus 87,3%) und nach acht Jahren 80,6% (versus 77,5%) krankheitsfrei. Diese deutlichen Unterschiede sind vor allem deshalb bemerkenswert, da die Heilungs- und Überlebensraten von Patientinnen mit diesem Brustkrebstyp an sich schon recht hoch sind. Diese Daten wurden am 4. Juni 2018 von Univ.-Prof. Dr. Michael Gnant beim Annual Meeting der American Society of Clinical Oncolocgy (ASCO, 1.-5.6.) in Chicago präsentiert.
Die Ergebnisse der Studie wurden im November 2022 prominent im NEJM Evidence publiziert.
Long-Term Outcomes of Adjuvant Denosumab in Breast Cancer
M. Gnant et al.
NEJM Evidence, Published November 18, 2022
DOI: 10.1056/EVIDoa2200162
Eine Standardbehandlung bei postmenopausalem Brustkrebs ist es, nach der chirurgischen Entfernung des Tumors fünf Jahre lang eine endokrine Brustkrebstherapie zu verabreichen. Das Ergebnis der Studie ABCSG 16/S.A.L.S.A zeigt, dass danach die Fortführung der Therapie mit dem Aromatasehemmer Anastrozol um weitere zwei Jahre ausreicht. Eine weitere Verlängerung auf fünf Jahre ist nicht sinnvoll, weil sich das Therapieergebnis nicht verbessert, aber die Nebenwirkungen (v.a. Frakturen) verstärkt werden. An der Untersuchung nahmen von 2004 bis 2010 insgesamt 3.484 postmenopausale Brustkrebspatientinnen an mehr als 70 österreichischen Zentren teil – damit ist sie eine der größten klinischen Studien in Österreich. Die Teilnehmerinnen wiesen ein frühes hormonrezeptor-positives Mammakarzinom (Stage I-III) auf und erhielten nach fünf Jahren standardmäßiger adjuvanter Antihormontherapie zusätzlich zwei bzw. fünf Jahre den Aromatasehemmer Anastrozol als erweiterte endokrine Therapie. Diese lang erwarteten Daten von ABCSG 16/S.A.L.S.A wurden 2017 beim San Antonio Breast Cancer Symposium (SABCS, 5.-9.12.) vom Coordinating Investigator und ABCSG-Präsident Univ.-Prof. Dr. Michael Gnant präsentiert und sogar in den Highlight-Report des Kongresses aufgenommen.
Die Ergebnisse der Studie wurden im Juli 2021 prominent im New England Journal of Medicine publiziert.
Duration of Adjuvant Aromatase-Inhibitor Therapy in Postmenopausal Breast Cancer
M. Gnant et al.
N Engl J Med 2021;385:395-405
DOI: 10.1056/NEJMoa2104162
Die ABCSG legt schon seit längerem einen Schwerpunkt ihrer klinischen Forschungsarbeit auf innovative neoadjuvante Therapien. Erste Erfolge zeigten sich bereits 2004, als in ABCSG 14 der positive Effekt einer neoadjuvanten Therapie nachgewiesen werden konnte: Eine Verdoppelung der Chemotherapiezyklen vor der Operation von 3 auf 6 brachte signifikante Verbesserungen. Die pathologische Komplettremission, wonach zuvor bestehende Tumor-Manifestationen nicht mehr nachweisbar waren, stieg von 7 auf 18 %.
Die Fortsetzung dieser Untersuchungen erfolgte in der Studie 24, an der in Österreich 536 Patientinnen teilnahmen. Demnach stieg der Anteil jener Patientinnen, bei denen eine pathologische Komplettremission (pCR) nachgewiesen werden konnte, in der Gruppe mit Epirubicin + Docetaxel + Capecitabine auf 24 %. Das sind um 50 % mehr als bei den Patientinnen, die mit der Standardtherapie Epirubicin + Docetaxel behandelt wurden, wo bei 16 % keine lebenden Krebszellen mehr vorgefunden wurden.
Jüngeren Datums schließlich sind die Erkenntnisse, dass dieses Bisphosphonat bei Frauen mit einem frühen Brustkrebs die Aussichten steigert, Rezidive zu verhindern – also auch einen Antitumoreffekt hat. Im Vergleich zu einer ausschließlichen Antihormontherapie verbessern sich die Aussichten auf Rezidivreduktion und die Überlebenschancen steigen dramatisch: Mehr als 98 % der Teilnehmerinnen der Studie 12 waren 5 Jahre nach der Diagnose noch am Leben, auch ohne adjuvante Chemotherapie.
Dieses Ergebnis sorgte für große internationale Aufmerksamkeit und zählte zu den wissenschaftlichen Highlights am ASCO 2008, sowie 2010 und 2011. Auch die renommierte Zeitschrift „The Lancet Oncology“ publizierte in ihrer Juni-Ausgabe 2011 die 62-Monate-Follow-up-Daten der Studie.
Die 84-Monatsdaten konnten mittlerweile alle Ergebnisse bestätigen: Die Wahrscheinlichkeit für Rezidive kann durch Zoledronat um 28 % verringert werden, das Gesamtüberleben der Patientinnen verbessert sich um rund 36 %.
Auch das zweite Studienergebnis, das in San Antonio vorgestellt wurde, ist für Krebspatientinnen von großer Bedeutung. Viele litten an Osteoporose, einer Nebenwirkung der an sich erfolgreichen Krebsbehandlung. Der ABCSG gelang der Nachweis, dass die zusätzliche Gabe des Bisphosphonates Zoledronat zur Standardtherapie diesen Effekt verhindern und so das Risiko von Knochenbrüchen entscheidend reduzieren kann.
Beim Brustkrebssymposium in San Antonio/Texas (SABCS), einem der bedeutendsten Treffpunkte der internationalen Elite der KrebsforscherInnen, wurden 2008 zwei weitere Forschungsergebnisse der ABCSG präsentiert, die mittlerweile weltweit Beachtung fanden.
Zum Einen das neue Behandlungskonzept für hormonrezeptorpositive Frauen nach der Operation. Sie erhalten jetzt 2 Jahre lang das Antiöstrogen Tamoxifen, das schon bis dahin zur Behandlung eingesetzt wurde, und danach 3 Jahre lang den Aromatasehemmer Anastrozol. Diese „Switch-Therapie“ reduziert die Gefahr einer neuerlichen Tumorbildung um 40 %!
Ziel der Studie war die Klärung der Frage, ob durch eine Therapieverlängerung auf insgesamt 8 Jahre nach der Operation die Chancen der Patientinnen gesteigert werden können, die Krebserkrankung zu überleben.
Die Ergebnisse waren eindeutig: Die Frauen profitierten von einer verlängerten Antihormontherapie mit dem Aromatasehemmer in einem unerwartet hohen Ausmaß. Das neuerliche Auftreten von Brustkrebs konnte dadurch um 36 % reduziert werden.
Die Erkenntnis, dass die Überlebenschancen von Brustkrebspatientinnen vor der Menopause entscheidend steigen, wenn nach dem chirurgischen Eingriff statt der klassischen Chemotherapie eine kombinierte Antihormontherapie verabreicht wird, war der Durchbruch für die ABCSG. Die Studie ABCSG 5 erregte bei der Publikation 2002 internationales Aufsehen. Sie wurde bei der Festlegung der „Internationalen Richtlinien für die adjuvante Therapie des primären Mammakarzinoms“ maßgeblich berücksichtigt.
Das war der erste große Erfolg der österreichischen Studiengruppe und vor allem ein Erfolg für die Patientinnen, die seither von einer wesentlich nebenwirkungsärmeren Antihormontherapie profitieren.
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